Treffen von Mitgliedern der CDU-Landtagsfraktion mit Vertretern der türkischen Gemeinde Württemberg / Eyalet Parlamentosu CDU Partisi Meclis Grubu Üyeleri ile Türk Sivil Toplum Kuruluşları Temsilcileri Arasında Gerçekleşen Buluşma

M. Türker ARI 18.01.2012
Sehr geehrter Herr Hauk,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
liebe Gäste, sevgili konuklar,
meine Damen und Herren,

“Menschen aus anderen Kulturen bereichern unser Land. In Baden-Württemberg leben 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. 1,3 Millionen Menschen haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Gemeinsam mit ihnen haben wir Baden-Württemberg stark gemacht. Zuwanderer und ihre Nachkommen nehmen heute wichtige Aufgaben in unserer Gesellschaft war. Sie sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Nachbarn und Freunde. Sie sind Baden-Württemberger.

Wir Baden-Württemberger sind vielfältig und weltoffen. Menschen mit Migrationshintergrund sind bei uns besser integriert als in den meisten anderen Regionen Europas.”

Dies sind nicht meine eigenen Worte; der Text stammt aus den integrationspolitischen Leitsätzen “Vielfalt und Verantwortung” der CDU-Fraktion und ich finde, dass er die Situation in Baden-Württemberg sehr treffend beschreibt.

Meine Damen und Herren,

Ich möchte Sie herzlich willkommen heißen und Ihnen danken, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Ich freue mich auf einen konstruktiven Gedankenaustausch, denn gegenseitiger Respekt und Verständnis für die Situation und Position des jeweils anderen gründen sich stets auf offenen Dialog. Treffen wie das heutige streben wir auch mit allen anderen Fraktionen des Landtags an. Als Generalkonsul bin ich nicht in innenpolitische Angelegenheiten involviert, dies liegt außerhalb meiner Kompetenzen. Doch ich freue mich, Ihnen heute einen warmen Ort und im Anschluss an die Diskussion auch gutes Essen anbieten zu können, wir werden sicher hungrig sein!

Meine Damen und Herren,

wir haben uns bereits auf einige Themen verständigt, die sowohl für die deutsche, als auch die türkische Seite von besonderem Interesse sind und die in Zukunft eventuell auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten.

Die Themen sind:

1. Bildung
2. Teilhabe und Hindernisse
3. Einrichtung einer deutsch-türkischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe
4. Mehr MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst
5. Doppelte Staatsangehörigkeit
6. Wahlrecht


1. Bildung

Im November 2010 unterzeichneten wir eine gemeinsame Erklärung mit dem CDU - geführten Kultusministerium und der damaligen Kultusministerin Frau Prof. Dr. Schick und legten so den Grundstein einer sehr intensiven und fruchtbaren Zusammenarbeit. Auch mit der neuen Landesregierung werden wir diese Zusammenarbeit fortsetzen, um vor allem Eltern noch stärker in die Bildung ihrer Kinder ein zu beziehen. Denn: Um im baden-württembergischen Bildungssystem erfolgreich zu sein, muss man Deutsch können und das System und alle gebotenen Möglichkeiten gut kennen. Eltern sind die wichtigsten Bildungsbegleiter ihrer Kinder. Daher sollten sich alle Eltern intensiv mit der Bildung ihrer Kinder – auch im Alltag – auseinandersetzen.

Benjamin Franklin sagte: „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.“

Wir sind der Meinung, dass Bildung die Grundlage eines glücklichen, erfüllten und selbstbestimmten Lebens ist. Nur wer seinen Platz in der Gesellschaft, in der er lebt findet und ausfüllt, erlebt persönliches Glück und kann seinen Beitrag zum Wohle der gesamten Gesellschaft leisten. Zudem steht Bildung allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – offen und trägt so maßgeblich zu mehr Chancengleichheit bei. An dieser Stelle möchte ich mich wieder auf die integrationspolitischen Leitsätze der CDU-Fraktion beziehen: „Bildungserfolge eröffnen Teilhabechancen im politischen, gesellschaftlichen und insbesondere im wirtschaftlichen Leben und legen die Basis für ein selbstbestimmtes Leben.“ (S.8, „Vielfalt in Verantwortung“)

Meine Damen und Herren,

erlauben Sie mir, an dieser Stelle auch Bezug auf Ihre Äußerungen zum Thema Sprache und muttersprachlicher Unterricht zu nehmen. Wir alle wissen, dass das Beherrschen der deutschen Sprache die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilhabe ist.
Sie vertreten jedoch die Meinung (S.7, „Vielfalt in Verantwortung“), die Integration des muttersprachlichen Unterrichts in das Regelangebot der Schulen sei pädagogisch nicht sinnvoll. Ich bin davon überzeugt, dass das Beherrschen der Muttersprache eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung ist und die Grundlage für das solide Erlernen weiterer Sprachen. Wir beobachten oft, dass Kinder, die gut Türkisch sprechen, ebenso gutes Deutsch sprechen. Dagegen sprechen Kinder, die nur fehlerhaft Türkisch sprechen auch sehr oft sehr schlecht Deutsch. Ich denke, dass wir heute auch über dieses Thema sprechen werden.

2. Teilhabe und Hindernisse

Die türkische Gemeinde in Württemberg bringt sich bereits aktiv ein. Es gibt unzählige Vereine und Organisationen, die in unterschiedlichsten Bereichen – der Bildung, der Kultur, der Kunst, der Literatur oder dem Sport – tätig sind. Sie alle leisten ihren Beitrag zu mehr Miteinander, einem besseren gegenseitigen Verständnis und daher auch Respekt und Toleranz. Ich freue mich über dieses Engagement und ermuntere meine Landsleute stets, noch ein wenig aktiver zu sein. In den integrationspolitischen Leitsätzen Ihrer Partei schreiben Sie (S. 13), dass Sie Vereinsstrukturen entlang gemeinsamer Interessen bevorzugen und sich mehr Engagement bei der Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen wünschen. Ich stimme Ihnen zu. Dennoch denke ich, dass türkische Vereine, die sich entweder der Pflege und Ausübung der türkischen Kultur oder auch der Religion widmen oder aber gezielte, auf die Zielgruppe ausgerichtete Hilfe anbieten, von großer Bedeutung sind. Dies soll nicht heißen, dass diese Vereine isoliert agieren, vielmehr ermuntern wir alle, sich zu öffnen und immer auch Partnerschaften innerhalb ihrer Gemeinde anzustreben.

Teilhabe bedeutet aber auch Teilhabe am wirtschaftlichen und politischen Leben. Da sehen auch wir noch Möglichkeiten zur Verbesserung. Sicher gibt es bereits eine Vielzahl erfolgreicher Türkinnen und Türken, die als selbstständige Unternehmer, Ärzte oder Anwälte tätig sind. Und seit März 2011 haben wir sogar eine türkischstämmige Landtagsabgeordnete! Dennoch wünschen wir uns, dass noch mehr Menschen türkischer Herkunft ähnliche Wege beschreiten und ebensolche Erfolgsgeschichten schreiben.

3. Mehr MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie wünschen auch wir uns mehr Menschen türkischer Herkunft im öffentlichen Dienst.

Dies ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen ist es wichtig, dass sich alle Teile der Bevölkerung eines Landes auch in den entsprechenden Strukturen wiederfinden. Dies hat auch einen psychologischen Effekt. Liebe Damen und Herren Abgeordnete, Sie würden sagen: „Sich willkommen und zu Hause fühlen“.
Zum anderen sprechen viele meiner Landsleute sowohl Deutsch als auch Türkisch und haben durch ihre Erziehung und ihr soziales Umfeld ein hohes Maß an interkultureller Kompetenz erworben. Diese besonderen Talente kämen mit Sicherheit auch im beruflichen Bereich zur Geltung und der Allgemeinheit zu Gute.

4. Doppelte Staatsangehörigkeit

Menschen der ersten Generation leben seit mehr als 50 Jahren in Deutschland. Ihre Kinder und Enkelkinder sind größtenteils in Deutschland geboren. Viele dieser Menschen sind mit beiden Kulturen aufgewachsen und fühlen sich daher sowohl in der Türkei, als auch in Deutschland zu Hause. In den integrationspolitischen Leitsätzen (S. 22) fordern Sie eine klare Entscheidung für Deutschland und ein klares Bekenntnis zu Deutschland, seinen Werten und seiner Verfassung.
Ich denke, dass die Loyalität und die Verbundenheit mit einem Land und seiner Kultur nie die Verbundenheit zu einem anderen Land und dessen Kultur schmälert.
Ich verstehe den Wunsch der türkischen Gemeinde nach der doppelten Staatsbürgerschaft.

5. Wahlrecht

Meine Damen und Herren,

in den integrationspolitischen Leitlinien (S.21) wird argumentiert, dass das Wahlrecht ausschließlich deutschen Staatsbürgern vorbehalten sein sollte, da diese auch die Verantwortung tragen.
Wir sind der Meinung, dass es auch türkischen Bürgern und Bürgerinnen, die sich dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten erlaubt sein müsste, bei kommunalen Wahlen zu wählen. Denn so wie jeder andere deutsche Staatsbürger dieses Landes, sind diese Menschen Steuerzahler und unterliegen allen hier geltenden Regelungen und Gesetzen. Sie sind von politischen Entscheidungen ebenso betroffen wie jeder andere auch.

6. Einrichtung einer deutsch-türkischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe

Ich möchte nun auf die deutsch-türkische parlamentarische Freundschaftsgruppe zu sprechen kommen. Wir möchten die Beziehungen zwischen der Türkei und Baden-Württemberg ausbauen und vertiefen, auch auf parlamentarischer Ebene. Ich freue mich daher besonders, dass am 16. November 2011 die Deutsch-Türkische Freundschaftsgruppe eingerichtet wurde. Ich möchte mich im Besonderen bei der CDU-Fraktion bedanken. Sie waren die Ersten, die Ihre Mitgliedsliste eingereicht haben!
In diesem Sinne darf ich Ihnen allen noch einmal sehr herzlich danken und betonen, dass ich mich auf eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihnen freue. Herzlichen Dank

Atatürk

Makbule Koçak Kaçar Başkonsolos
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